The xx, Köln, 26.08.10


Konzert: The xx
Ort: E-Werk, Köln
Datum: 26.08.2010
Zuschauer: ausverkauft
Dauer: knapp unter einer Stunde


Man merkt der Band langsam an, durch was für eine Vermarktungshölle junge Musiker gehen, wenn ihr Label, ihr Management und alle anderen Blutegel in ihnen die Retter der Musikindustrie erkennen. Wenn sie ausgepresst werden wie Zitronen, weil seit langem kein anderes Obst zu finden ist.

The xx werden seit dem Zeitpunkt, als sie plötzlich vollkommen zurecht hip wurden, auf jede aufzutreibende Bühne gejagt. Die Band hat alle, wirklich alle wichtigen Festivals gespielt, Steigerungsmöglichkeiten für die spätere Karriere scheinen da ausgeschlossen. Es ist ein Teufelskreis. Die Industrie sieht die Gefahr, daß die Phase, mit The xx Geld verdienen zu können, schnell vorbei ist. Also wird jetzt alles mitgenommen - und dadurch die Chance, daß die Band lange durchhält und Lust hat und (aus Geldverdienersicht) nachhaltige Erträge erzielen kann, genauso nachhaltig zerstört. Vielleicht ist das eine zu pessimistische Sicht, ich fürchte aber, daß ich nicht sehr falsch liege.

Die Gefahr einer solchen Raketenkarriere liegt auf der Hand. Junge Bands verlieren die Bodenhaftung, spielen ihren Kram runter, arrogant und merkbar ohne viel Bock.

Nach dem Auftritt von The xx in Barcelona beim Primavera Sound Festival war ich sicher, daß die Band genau an dieser Schwelle zur Ekligkeit angekommen wäre. Der Auftritt bei Sonnenuntergang vor einer atemberaubenden Mittelmeerkulisse war perfekt, aber schon fast einen Ticken zu perfekt. Bassist Oliver Sim wirkte so erschreckend cool, wie es Neunzehn- oder Zwanzigjährige nun mal nicht sind. Auch der Sound schien schon am Ende der Entwicklung angekommen zu sein. Ein wenig kühler noch alles, und es würde richtig fies!

Genau mit dieser Erwartungshaltung war ich nach Köln gekommen. Zum E-Werk, zum mehrfach verschobenen Konzert, das eigentlich im Februar stattfinden sollte und das mir in jeder Beziehung ein halbes Jahr zu spät war. Das Interesse an The xx hatte merklich nachgelassen seit Mai. Praktischer Nebeneffekt, wenn man genau weiß, was einen erwartet: der Konzertbericht ist quasi schon geschrieben.

Dummerweise kam es anders. Eigentlich war mir schon vor dem ersten Lied klar, daß The xx wieder genauso spannend waren wie im Oktober, als wir sie zum ersten Mal im Luxor gesehen hatten (noch zu viert und sehr schüchtern). Vor Intro spielte die Band nämlich ein kurzes Stück Elektrogefrickel, daß nicht besonders aufregend war, das aber zeigte, es ist nicht alles wie bei jedem der letzten 200 Konzerte. Solche Variationen folgten immer wieder. Es waren keine neuen Versionen der Lieder, es waren Kleinigkeiten, die mir neu vorkamen. Mal ein paar neue elektronische Klänge, mal ein neues Ende Shelter, mal eine neue "Show", als Bassist Oliver bei Fantasy alleine vorne am Rand der Bühne steht.

Dazu kam all das, was mich schon bei den letzten Konzerten fasziniert hatte (solange es nicht zu viel wird), das fehlerfreie Spiel, die wundervollen wechselnden Gesänge. Das mit Abstand beste Liveerlebnis bei The xx ist aber, Jamie Smith zuzusehen. Der Elektro-Mann der Band spielt die Beats und Effekte alle live auf der Bühne. Ich kann nicht richtig beschreiben, wie faszinierend es ist, ihn dabei zu beobachten, den Rhythmus zu erzeugen, aber es ist es, ohne Zweifel! Allerdings habe ich mich neben dieser Perfektion genauso über die paar kleinen Fehler gefreut, die Oliver passiert sind.

Das Programm war nicht überraschend. The xx spielen ihre Platte und ein Cover, das war bisher immer so. Das Cover war heute wieder
Do you mind von Kyla (wer auch immer das sein mag). Die xx Version klingt jedenfalls so, als stamme das Stück von ihnen.

Meine Lieblinge waren aber Islands und Night time mit ihren unwiderstehlichen Rhythmen! Was für Knüller!

Es ist Quatsch, daß man der Band anmerkt, wie sehr sie ausgenommen und verheizt wird; meine Theorie: Unsinn. Aber das nehme ich gerne hin.

[Noch etwas in eigener Sache: Oliver berichtete mir neulich, daß bei allen Pariser Konzerten grundsätzlich drei Dinge reingebrüllt werden. 1) "Rock'n'roll!", insbesondere, wenn es gerade ruhig ist oder die Bands Ansagen macht - 2) "
à poil!" - ausziehen! bevorzugt, man ahnt es, bei weiblichen Musikern und... 3) "David Bowie!" Ich würde mich schrecklich freuen, die drei Rufe jetzt auch ab und zu bei Kölner Konzerten zu hören...]

Setlist The xx, E-Werk, Köln:


01: Intro
02: Crystalised
03: Heart skipped a beat
04: Basic space
05: Fantasy
06: Shelter
07: Do you mind (Kyla Cover)
08: VCR
09: Islands
10: Night time
11: Infinity

12: Stars (Z)

Links:

- The xx, Primavera Sound, 27.05.2010
- The xx, Paris, 18.02.2010
- The xx, Frankfurt, 03.11.2009
- The xx, Köln 15.10.2009


Anmerkung: Bei den Fotos handelt es sich um Archivbilder aus Paris


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