Retro. Schimpfwort oder Kompliment? Lob oder Tadel? Gut oder Böse? Meines Erachtens stellt sich diese Frage, stellen sich diese Fragen, nicht mehr. Spätestens seit Mercedes Bunz' Blogeintrag "Dieses Jahr wird groß. Nix retro. Let's go." nicht mehr. Sie beginnt ihn mit folgenden Worten: "Heute morgen beschlossen, dass [das neue Jahr] richtig gut wird... Alleine die Musik, die in den ersten [Wochen des neuen Jahres] erschienen ist oder gerade erscheint, könnte einen durch das gesamte Jahr tragen."
Geschrieben hat sie diese Zeilen vor vier Jahren, am 26. Februar 2007. Sie könnten aber geradeso gut vom 26. Februar 2011 stammen und die ersten beiden Monate des Jahres 2011 beschreiben. [Vielleicht stehen diese Zeilen sogar jeder Kurzretrospektive zu Beginn eines neuen Jahres gut. Es herrscht eine gewisse Aufbruchstimmung, der Blick ist noch unbeschwert der Zukunft zugewandt und man wünscht sich, dass reges Leben herrsche.] Ein paar Zeilen später dann der Absatz, den ich mir verinnerlicht habe, der meine regelmässig aufkeimenden Stillstandsbefürchtungen entrkäftet hat und den Rückbezug auf das Vorhandene - oder das Vergangene - weitaus weniger bedrückend erscheinen lässt. Dieser nämlich ist unumgänglich. Man muss an das bereits bestehende Kulturgut anknüpfen - bejahend oder ablehnend - und es mit neu erworbenen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Techniken et cetera bearbeiten. Doch erstmal das Zitat:
Die gerne vorgetragene Beobachtung, dass wir in einer Zeit leben, in der alles nur noch Retro wäre, in einer Zeit, in der nichts “eigenes” los ist, weil alle – so sagt man – noch auf das neue Jahrtausend warten und sich solange die Zeit damit vertreiben, das Archiv aufzurufen: Stimmt nicht. Denn dieses Retro ist gar keines. Das Archiv wird nicht nur anders benutzt als früher, die Musik ist auch so auf den Punkt gebracht, besticht durch ihre Präzision und ihre Konsistenz, dass man sich darin ausstreckt und wohl fühlt. Das ist kein billiger Abklatsch, es ist keine einfache Wiederholung – das alles, das ist weit mehr als einfach nur Retro. Was wir hören, ist, wie D. gestern quer über sein zweites Becks hinweg bemerkte, aber eben auch kein Zitat. Und das stimmt. Es ist etwas anderes. (Mercedes Bunz: Dieses Jahr wird groß. Nix retro. Los geht's.)
Unter diesem Blickwinkel ist nach meinem persönlichen Dafürhalten auch die neue 12" auf Live At Robert Johnson zu hören / zu verstehen. Die beiden Tracks, "ET 01" und "ET 06", haben produziert Christian Beisswenger a.k.a. CB Funk und Oliver Hafenbauer. Der Erstere ist beispielsweise verantwortlich für "Subway To Cologne" auf Story Records und zusammen mit Philip Lauer als Arto Mwambe für eine Vielzahl Platten, Remixe und eine Reise durch die wundervolle Welt der Acid Synthlines, Piano Keys, Muskelbeats und Power Basslines auf ihrer Live At Robert Johnson-Compilation. Der Zweite, Oliver Hafenbauer, ist mit dem Goldenen Musikvereinssaal der elektronischen Clubmusik in Offenbach wie nicht gleich ein anderer verbunden. Er kümmert sich um Booking-Angelegenheiten, um Fragen rund um das hauseigene Label, veranstaltet zusammen mit Manuel Raven eigene Clubnächte, und, und, und. Beide also Club- und Musik-erfahren in jeder Hinsicht und nun als B.H.F.V. unterwegs.
Ihren Tracks, "ET 01" und "ET 06", kann man sich auf zwei unterschiedlichen Wegen annähern. Es ist einmal der Weg, den ein Hörer mit einem gleichsam bibliothekarischen Wissen und einem vollgepackten Rucksack an Cluberfahrung beschreiten wird. Dieser wird unschwer ein Fundament ausmachen, das mit einer Mische aus schwarzem Funk und Düsseldorfer Kraftwerk-Elektro ausgegossen ist. Mitreissend, energetisch. Wer immer auch das Schlagwort Electric Boogaloo einbringen mag, der darf dies gerne tun. Zum anderen ist es der Weg, den ein zwar verständiger, in dieser Hinsicht jedoch unbedarfter Hörer beschreiten wird. Für ihn spielt keine Rolle, wie dreckig der Funk, wie rotzig der Elektro damals waren, wie rough sie heute zu sein haben. Unerheblich auch, ob der Magengrubentritt aus einer 808 stammt oder nicht. Für diesen Hörer werden beide Tracks eine Musik sein, "in der man sich ausstrecken und wohlfühlen kann." (Quelle: s.o.)
English (short) version: Christian Beisswenger a.k.a. CB Funk of Arto Mwambe fame and Oliver Hafenbauer, Live At Robert Johnson label manager, Robert Johnson booking manager, dj and music enthusiast, deliver two energetic tracks that combine funk rhythms and electronic music and unleash passion on the dancefloor.
Mehr im Web:
B.H.F.V. @ Facebook
CB Funk @ Facebook
CB Funk @ MySpace
Oliver Hafenbauer @ MySpace
It's OK To Hate Your Job
Live At Robert Johnson @ MySpace
Live At Robert Johnson @ Facebook
Nr. 39: Oliver Hafenbauer (Live at Robert Johnson) by ROOF.FM
Tidak ada komentar:
Posting Komentar