Ort: Chelsea
Datum: 30.03.2011
Zuschauer: 40
Konzertdauer: Lars Stigler 40 Minuten, Immanu El 45 Minuten
Auf den ersten Blick (den ersten Lauscher) passt Musik, wie Immanu El sie machen, nicht zum derzeitigen Wetter. An diesen Tagen des Jahres, da selbst der allergrößte Griesgram nicht umhin kann, seinen Mitmenschen auf der Straße ein Lächeln zu schenken, lässt sich schwer melancholisch sein. Auf den zweiten funktioniert das aber sehr wohl. Eine schöne Stunde während den letzten Sonnenstrahlen im Votivpark neben der Uni in der Wiese, untermalt von den Klängen des Immanu El-Zweitlings Moen, hatte das eindrucksvoll bewiesen. Den Begriff Melancholie mit dem der Niedergeschlagenheit gleichzusetzen, greift eben viel zu kurz, blendet einige Facetten aus. Wie zum Beispiel den, Wolken, Menschen, Vögeln bei träumerischer Musik nachzuhängen.
Aber bevor es hier laienpsychologisch oder gar kitschig wird, wechseln wir lieber den Schauplatz: Als ich das Chelsea betrat, wo noch nichts los war, traf ich auf Bernhard Eder, Österreichs herausragendsten Songwriter und auch in Deutschland sehr bekannt, der gerade eben auf Plakatier-Tour war (und sich über die Schreibweise von Immanu El amüsierte). Gerade vor zwei Tagen hat er ein neues Video zu In a foreign land veröffentlicht, getragen von düsterer Schwarz/Weiß-Optik und dementsprechend sah auch er das derzeitige Wetter ein wenig im Konflikt mit seinem künstlerischen Produkt. Na gut, jetzt echt mal weg vom Wetter!
Lars Stigler, Wiener Klangexperimentalist und u.a. auch Tontechniker des rhiz, hatte noch nicht viel Publikum, als er die Bühne betrat und sich mit seiner Gitarre auf einen Hocker setzte. Er wirkte sehr mürrisch, war aber - habe ich mir sagen lassen - einfach konzentriert. Muss man wohl auch sein, wenn man sich nur auf sich selbst verlassen kann. Stiglers (Lars ist übrigens ein schöner Vorname - wieso gibts den in Österreich so selten?) Musik bestand aus Improvisationen zwischen Ambient und Post-Rock, wirklich ausnehmend gut. Dass ich vorher noch nichts von diesem Projekt gehört hatte, liegt teilweise auch wohl daran, dass Live-Auftritte sehr rar sind. Wenns nach mir geht dürfte der Herr ruhig öfter mal spielen und in seine Klangwelten entführen.
Immanu El standen dann gegen 23.00 auf der Bühne, vor der sich mittlerweile schon mehr Leute eingefunden hatten, allerdings auch deutlich weniger als erwartet. Das ist ein wenig schade, wenn man bedenkt, dass vor etwa zwei Jahren noch rund 70 Leute ins rhiz gekommen waren und das zweite Album eigentlich mindestens so gut wie das erste ist. Andererseits finden im kleinsten Rahmen meist die besten Konzerte statt und dieser These wurde auch heute Beweismaterial beigestellt.
Eröffnet wurde mit Under your wings I'll hide, dem ersten Stück des ersten Albums They'll come, they come, das wahrscheinlich bekannteste aus dem ganzen Immanu El-Werk. Das beste daran war, dass der Song nicht gekürzt wurde, wie es bei 10+-Minuten oft der Fall ist, in seiner ganzen, anschwellenden Größe erfüllte er den Raum.
Die Band aus Göteborg (auf englisch heißt das Gothenburg, soso) stand fünf Mann hoch in minimalem Licht auf der Bühne, bis zu drei Gitarristen wechselten zwischen verspieltem und lärmendem Modus, beides mit immenser Präzision. Dass man sich ein klitzekleinwenig versingt, das kann in einer reinen Bubi-Band schon mal vorkommen, passierte aber nur einmal. Hochkonzentriert spielte man sich durch Storm, danach wurde das Publikum begrüßt: Die letzten Monate hätten sie mit dem Schreiben neuer Songs für das nächste Album (erscheint im Oktober) verbracht, die würde sie jetzt gerne live testen. Immer her damit!
Eine leichte Tendenz zum Eruptiven war bei diesem ersten neuen Song festzustellen, die Vorfreude auf das Album wurde jedenfalls noch genährt. Astral Days ist dagegen ein altes Stück und eins der besten, mit fast spirituellen Lyrics
"Wanted to stay/Wanted to pray/I wanted to feel your light hands/It's all I can see/All I can feel/While we were dying from ourselves."
Der nächste neue Song folgte, auch der klang sehr vielversprechend, mit Tunnel und Agnes Day, in dessen Lyrics ein Rückgriff auf das erste Album erfolgt. Großartig war das und noch nicht vorbei. Auch wenn sie von der nächtlichen Reise von Paris nach Wien sichtbar ein wenig angeschlagen waren, bedankten sie sich beim (treuen oder neuen?) Publikum für das Erscheinen erst verbal und dann mit Panda. Wer bis dahin noch nicht von der Größe bzw. der Nähe dieses Abends überzeugt war, war es wohl spätestens jetzt. "I will stand tall when the winter gets to us/if you stay with me." Der Winter ist glücklicherweise vorbei, dass wir für Immanu El wieder da sind, wenn der Winter (und mit ihm Album und nächste Tour) kommt, versteht sich von selbst.
Am Merchstand konnte man dann noch ein wenig mit den Schweden plaudern, ihnen limitiertes Vinyl abkaufen und vergeblich Informationen zum neuen Album zu entlocken versuchen. Immanu El waren toll, wer zu faul war, ins Chelsea zu kommen, ist selber schuld. Wer bei Polarkreis18 war, hat sowieso andere Vorlieben. Wer bei Christiane Rösinger war, hat Erzählungen zufolge auch ein schönes Konzert erlebt - Stichwort: Liebe wird oft überbewertet.
Im Chelsea wars trotzdem am Besten - for sure! Wer mir was anderes beweisen will und im Flex war, ist herzlich dazu eingeladen einen Bericht zu schreiben - Gastautoren immer gerne gesehen.
Das Amen zum Gebet kommt nochmal von Immanu El:
"I took a picture/a window of a dream/a whisper of a fear/we dance with wrong chords to wrong songs."
Setlist Immanu El, Chelsea, Wien:
01: Under your wings I'll hide
02: Storm
03: (New Song)
04: Astral Days
05: (New Song)
06: Tunnel
07: Agnes Day
08: Panda (Z)
Die Konzert-Fotos stammen von Caroline Traitler. Dankeschön!
Das Bild von Lars Stigler ist auf seiner Myspace-Site zu finden.
Das letzte Bild stammt von Immanu El, setzt die Serie "Dedicated to Oliver Peel" fort und wurde in Paris aufgenommen. Da hat sich wohl wer an Sartre versucht....
Den hübschen Flyer hat Tristan gebastelt.
Danke vor allem an Andrei für den schönen Abend!
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