Schicht im Schacht mit Daniel Schuhmacher... A glory night in Oberhausen

Okay. Ich bin ein Nach-der-Vorband-Kommer, Hintensteher, Armeverschränker, Kopfnicker. Zum Party machen geh ich auf ne Party, zum Trinken in die Kneipe, zum Gröhlen ins Stadion und zum Kreischen... aber lassen wir das. Auf einem Konzert will ich einfach nur dastehen und hinhören.

Bei einem Daniel-Schuhmacher-Konzert ist man als Armeverschränker ganz schön einsam. Man sieht vor sich all die Leuchtstäbe und die Lichter der 100 Kameras, die jede Bewegung auf der Bühne mitfilmen, all die tanzenden Mädels, die singen und feiern, die plakatschwenkenden kleinen Kids auf den Schultern der Väter, man hört die Leute in der ersten Reihe Silbermonds "Das Beste" singen für Daniel... ab und an blickt man rüber zu einem der anderen coolen Hintensteher und Armeverschränker, meist männlich; man nickt sich zu...

Um es kurz zu machen: Auf einem Daniel-Schuhmacher-Konzert kann man Party machen ohne Ende, sich weinend in den Armen liegen, Bierchen trinken, in einer langen Reihe Sirtaki tanzen... man kann aber auch einfach dastehen und zuhören - und das Konzert genauso genießen wie die party people. Und das liegt daran, dass Daniel Schuhmacher so ein phantastischer Sänger und Musiker ist, von einer phantastischen Band begleitet wird und mit ihr phantastische Songs zum Besten gibt. Hey, what a night.

Dass der Mann in zwei Stunden fast so viele Kostümwechsel schafft wie Beyoncé (Rapper-Kapuze, Plain Cap, fluoreszierendes Flammen-Shirt zu "Running through the fire", Militärjacke, Indie-Klampfenrock-Hemd...), charmant mit seinem Publikum plaudert ("Ich hab die Haare schön? Nee, heute nicht, denn hier gibts keinen Fön...") und kurz vor Schluss sogar eine kleine Salsa-Einlage hinlegt... das ist für uns Armeverschränker in der letzten Reihe fast Nebensache. Was uns umhaut an diesem Abend in Oberhausen ist diese pure Musikalität, die da von der kleinen Schacht-1-Bühne ins zahlreich erschienene Publikum schwallt.

Wir kriegen an diesem Akustik-Abend - lasst mich nicht lügen - ungefähr zehn verschiedene Musikstile zu hören (Pop, Electro, Blues, Jazz, Folk...), und alles klingt absolut authentisch und nie aufgesetzt. Die Songs von "Nothing to lose" hat Daniels herausragende Band zum Teil neu arrangiert, und alles klingt so leicht und stimmig... 

Die Höhepunkte des Abends sind neben der Swing-Jazz-Version von "If it's love" (die bewirkt, dass man sich Daniel plötzlich sehr gut im Smoking vorstellen kann - okay, mit T-Shirt drunter), dem in die Reggae-Version hinübergleitenden "Honestly" und einem sehr coolen "Feel" (in das Daniel augenzwinkernd die Anfangszeilen der "Anything but love"-Strophen eingebaut hat, wie eine gutmütige Reminiszenz an längst vergangene Zeiten und die einzige winzige Spur des alten Albums weit und breit an diesem Abend)... die Höhepunkte sind  dennoch die Cover und vor allem die selbstgeschriebenen Perlen... "Commander", im Original von Kelly Rowland, ist einfach ein Burner, und der Mann neben mir, den ich mitgeschleppt habe, eigentlich wie ich ein Armeverschränker, lässt sich zu Joe-Cocker-artigen Bewegungen hinreißen, ähnlich wie bei Daniels eigenem Dancefloor-Kracher mit dem äußerst passenden Titel  "Dancefloor".  Und "Touch me", das zweite selbstgeschriebene Stück an diesem Abend, ist einfach ein toller Popsong...

Aller Raise-your-glass-Stimmung zum Trotz sind die beiden gefühlvollsten Momente gleichzeitig die Momente dieses Abends, die man nie vergessen wird. Wie genial Daniel Kelly Clarksons "Irvine" heraushaucht, das reißt auch dem coolsten Konzertbesucher das Herz aus der Brust. Es ist einer von diesen "fremden" Songs, die der Mann sich vollkommen zu eigen macht und in denen er sich so wohl und so geborgen zu fühlen scheint wie in einem Lieblingspullover. Can you feel how cold I am? Do you cry as I do? Are you lonely up there all by yourself? Einer dieser Kloß-im-Hals-Augenblicke, an die man sich ewig erinnern wird...


Und fast zum Schluss dann "Your revenge", und der Blues darin zerrt einem noch mehr an den Eingeweiden. Solange dieser Song nicht "auf Platte gepresst" wurde, dürfen wir nicht ruhen! Die Stuttgart-21-Demos haben es vorgemacht, Volkes Stimme zählt, lasst uns auf die Straße gehen dafür :D  

Weil wir zwei so cool sind, gehen wir vor der letzten Zugabe.. egal, es gibt ja Youtube. Was von diesem Tage übrig bleibt, ist ein neu bekehrter Fan und die absolute Gewissheit, dass Daniel Schuhmacher + Band in dieser Form vor jedem Publikum der Welt bestehen könnten. Und es lohnt sich so sehr, Fan zu sein.

 

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