Laura Veirs & Caitlin Rose, Paris, 20.02.11


Konzert: Laura Veirs and The Hall Of Flames & Caitlin Rose (Youri Blow)

Ort: La Maroquinerie Paris (Les Nuits de l'Alligator # 6)
Datum: 20.02.11
Zuschauer: viele, aber nicht ganz ausverkauft (etwa 400)
Konzertdauer: Laura Veirs mindestens 75 Minuten, Caitlin Rose 45 Minuten



Klarer Fall: für das formidable Konzert von Laura Veirs müssen Höchstnoten gezückt werden! Die junge Mutter (ihr Sohn namens Tennessee ist 10 Monate alt und mit auf Tour, "he is very cute" wie die stolze Mutter versicherte) und ihre Begleitband The Hall Of Flames, bestehend aus dem famosen Gitarristen Tim Young und der nicht minder tollen Geigerin Alex Guy, legten einen Auftritt aufs Parkett, der sich für einige Zeit sehr positiv in mein Gedächtnis einbrennen wird. Ich habe Laura hinterher gesagt, daß diese Show (meine vierte von und mit ihr) ihre bisher beste war und das meinte ich auch so. Noch nie habe ich die Brillenträgerin so witzig, locker und gelöst erlebt. Sonst wirkt sie ja immer ein bißchen streng, fast wie eine Lehrerin, aber heute hat sie richtig rumgealbert. Vor allem in der sicherlich amüsantesten Szene, als ihr fabelhafter Gitarrist sich plötzlich das Mikro schnappte und Klassiker der Pop-(Un?)- Kultur anspielte und sie spontan darauf reagierte. Es war ein richtiges Medley bekannter (und eigentlich scheußlicher) Hitparadennummern, bestehend aus Versatzstücken von Chartbreakern wie Beat It von Micheal Jackson, Into The Groove von Madonna, Eye Of The Tiger von Survivor und Gassenhauern von Phil Collins, AC/DC, Led Zeppelin etc. Zum Totlachen und richtig gut und übergangslos gespielt. Der Saal johlte, zu recht! Aber auch der melancholische Teil kam nicht zu kurz und mit der Ballade Spelunking rührte mich Laura zu Tränen (" If I took you darling to the caverns of my heart, would you light the lamp dear?"). Ohnehin waren mir die wundervollen Lieder der Amerikanerin in den letzten Jahren stets ein Trostpflaster in dunklen Stunden. Wenn es mir richtig schlecht ging, ich von Panikattaken, Depressionen und Ängsten geplagt wurde, dann habe ich immer Laura Veirs gehört. Es war, als würde eine geliebte Person Gute-Nacht-Geschichten erzählen, mich beruhigen, mich in den Schlaf wiegen. Die sanfte und liebliche Stimme der ehemaligen Geologin strahlte einfach soviel Zuversicht, Neugierde auf die Phänomene dieser Welt, Hoffnung und Trost aus und half bessser als ein professioneller Seelenklempner. Ich bin ihr zu großem Dank verpflichtet.

Die Bedingungen in der Maroquinerie waren heute aber einfach ideal. Ich saß am linken Bühnenrand und konnte aus nächster Nähe und ganz entspannt zuhören und genießen. Der Sound war brillant und das Trio spielte wie aus einem Guß. Der Gitarrist kitzelte lediglich 30 Zentimeter vor mir die schönsten Ohrenschmeichler aus seinen Saiten und holte wahrlich Verblüffendes aus seinem Instrument heraus. Ganz feine kleine Gitarrenmelodien, aber auch sphärische und manchmal leicht verzerrte Klänge, die er mit einer kleine Eisenstange erzeugte. Die Songs erfuhren somit eine Neuinterpretation, die nicht Lichtjahre vom jeweiligen Original entfernt war, aber für eine gelungene Abwechslung zu den Studioversionen führte. Und die Geigerin am rechten Bühnerand strich und zupfte nicht nur ganz wunderbar, sondern war auch diejenige, die ein wenig französisch sprach und mit ihren Ansprachen Sympathiepunkte bei den nationalstolzen Franzosen einfuhr (Laura guckte dann immer in die Luft und meinte schulterzuckend: "What did you say?). Besonders witzig war, daß sie sagte, der kleine Sohn von Laura, Tennesse, sei der "Roi", also der König, weil sobald er irgendwas wolle, alle sofort aufsprängen. Ich kan mir vorstellen, daß dem Team, zu dem auch der Produzent Tucker Martin und eine Nanny gehören, unterwegs "on the road" nicht langweilig wird.

Kommen wir zu den stärksten Momente des insgesamt sehr ausgewogenen Sets: Spelunking hatte ich erwähnt, aber auch July Flame ("Can I Call You Mine?", wie eindringlich sie diese Zeilen sang!), Titeltrack des letzten Albums und das enorm schwungvoll vorgetragene Jailhouse Fire ragten besonders heraus. Daneben gab es aber auch immer mal wieder Traditionals, so den betörenden Song Pretty Little Horses, den ich live auch schon von Matt Bauer gehört hatte. Natürlich dominierte das Material des letzten, sehr gelungen Outputs, July Flame, aber mit Riptide und Ether Sings wurd auch Carbon Glacier bedacht, während Saltbreakers komplett ausgelassen wurde. Warum nur? Don't Lose Yourself und vor allem Cast A Hook gehören doch zum stärksten Material der Veirs. Aber das waren nur Marginalien, schließlich konnte sie nicht all ihre Perlen bringen, davon hat sie inzwischen einfach auch schon viel zu viele. Schön, daß sie ganz am Schluß noch das hauchzarte Through December intonierte und damit perfekt abschloß.

Wieder einmal hat sie bewiesen, daß sie einer der ganz Großen ist. Top Ten Konzert am Ende des Jahres, da lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster!

Ob die junge Caitlin Rose aus Nashville,Tennessee, eine ganz Große wird, muß sie in den nächsten Jahren erst noch beweisen. Eine guten Schritt mit ihren schwarzen Cowboyboots hat sie mit ihrem ansprechenden und gelobten Album Own Side Now bereits getan, aber um in der Champions- League der Folksängerinnen zu spielen, muss man schon mindestens 2 oder 3 hervorragende Alben heraushauen. An der Stimme und dem Selbstvertrauen mangelt es ihr jedenfalls nicht. Ihr gut geöltes Kehlchen hatte die Kraft eines Zuchtbullen und mit ihrer Power könnte sie bestimmt Glas zum Bersten bringen. Sie sang wesentlich druckvoller, inbrünstiger und lauter als auf Platte, beherrschte aber auch die leiseren Töne. Ihrer herrlichen Countrystimme wohnt ein liebliches, herzliches Element inne, das man auch in ihrer Persönlichkeit wiederfindet. Mit den Händen in den Taschen ihres schwarzen Lederjackets stand sie ganz lässig da und intonierte Sachen wie Spare Me als sei es das Leichteste der Welt. Ihr Blue Jeans war so knatscheng, daß ich mich fragte, wie sie sich damit hinsetzen kann, ohne daß der Hosenknopf aufspringt. Das enge Teil umhüllte ihre kräftigen, aber nicht fetten Oberschenkel und verpackte ihren Arsch aufs Beste. Haha, ich werde vulgär, aber Cailtin selbst hat die saftigen Sprüche ebenfalls drauf: "Fucking, fucking fucking", fast jedes Wort wurde mit diser Vorsilbe bedacht. Und im Hinblick auf den Merchandising Stand meinte sie ganz lässig: "After the show we will sell some shit." Ein kesses, saftiges junges Weibsbild, diese Caitlin. Etwas naseweis und neunmalklug, aber doch sehr liebenswürdig und für jeden Scherz zu haben (sie erzählte irgendwann von dem Schoolbook, das jeder Schüler in Amerika habe, da schreibe man zum Beispiel rein wie häßlich die Lehrerin sei und so weiter). Caitlin wird uns in den nächsten Jahren mit Songs wie Shanghai Cigarettes und dem formidablen Sinful Wishing Well noch viel Freude bereiten, soviel ist sicher. Und schon sehr bald spielt sie mit ihren beiden talentierten männlichen Mitstreitern (an Gitarre und Pedal-Steel) in Deutschland. Nicht verpassen!



Setlist Caitlin Rose, La Maroquinerie, Paris:

01: Learning To Ride
02: Own Side
03: New York
04: Spare Me
05: Shanghai Cigarettes
06: Things Change
07: For The Rabbits
08: Sinful Wishing Well

09: Rose

Setlist Laura Veirs La Maroquinerie, Paris:

01: Carol Kaye
02: Sun Is King
03: Riptide
04: When You Give Your Heart
05: Where Are You Driving?
06: All The Pretty Little Horses (Traditional)
07: The Old Cow Died (Traditional)
08: Jailhouse Fire
09: Life Is Good Blues
10: Spelunking
11: Wide-Eyed, Legless
12: I Can See Your Tracks
13: Make Something Good
14: July Flame

15: Freight Train
16: Ether Sings

17: Jamaica Farewell (Traditional)
18: Through December



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