Konzert: Interpol
Ort: Westfalenhalle 2, Dortmund
Datum: 22.11.2010
Zuschauer: nicht ausverkauft (vielleicht zu 2/3 gefüllt)
Dauer: Interpol 85 min, Surfer Blood 30 min
Interpol sind eine der Bands, über deren Qualität hier auf unserer Seite keinerlei Zweifel besteht. Bezeichnend ist, wie oft wir alleine andere Gruppen an den New Yorkern messen, meist mit ernüchternden Ergebnissen.* Interpol sind nicht nur musikalisch Maß aller Dinge, sie sind auch in jeder anderen Hinsicht stilprägend. Bei anderen Bands wirken Coolness und Arroganz aufgesetzt, den New Yorker fehlt grundsätzlich jeder Hauch Einstudiertheit und Unsouveränität auf der Bühne. Viele Male hätte ich den White Lies dieser Welt gerne mitgegeben: "seht euch das demütig an und lernt!"
Die Pause seit der letzten Platte und der dazugehörenden Tour war auch genau richtig bemessen. In Paris hatten Interpol bereits im September ihre neue Platte vorgestellt, zuletzt in Deutschland war die Band aber vor genau drei Jahren, eine perfekte Spanne, um extrem vorfreudig zu sein.
Der kleine Saal der Westfalenhalle war mir unbekannt. Auch konnte ich vorher nichts über die Kapazität finden, hatte also keine Vorstellungen, wie viele Leute dieses eine von zwei Deutschlandkonzerten anlocken würde. Vor der Halle dann die erste Enttäuschung: es war nicht ausverkauft. Interpol nicht ausverkauft?
Leider war das dem großen Saal auch deutlich anzumerken. Halle 2 ist hoch, luftig und ein langer Schlauch. Nicht unangenehm für Konzerte, gar keine Frage. Aber wenn sie nicht voll ist, sieht das von der Bühne aus sicher schrecklich traurig aus. Leider waren auch draußen an den Bierständen kaum noch Leute als Surfer Blood anfingen, man konnte sich also auf einen Abend mit viel Platz einstellen.
Surfer Blood aus Florida hatte ich im Mai in Brüssel gemeinsam mit den wundervollen Warpaint und den fabelhaften Wolf Parade gesehen. Dagegen konnten die Surferfreunde nicht ansatzweise anstinken, vor allem hatte mich die extrem schlechte Livestimme ihres Sängers genervt. Daß ich sie heute nicht mochte, hatte andere Gründe. Die Stimme ist mir nicht als so schlecht aufgefallen. Wie alles wirkte aber auch die aufgesetzt und einstudiert, sodaß mir schnell die Lust verging, aufmerksamer zuzusehen. Das Getänzele des Sängers, sein Tanzstil eine Mischung aus Morrissey und Eddie Argos, das Gitarrengewippe, puh, das war nichts. Und auch die Musik klang eher so, als spielten die Maccabees eine Platte mit B-Seiten.**
Und dann Interpol...
Seit meinem letzten Konzert der Band (2008 in Montreux) ist das neue Album Interpol erschienen, Bassist Carlos D(engler) ausgeschieden und Sänger Paul Banks mit Sololiedern auf Tour gewesen. Mit der neuen Platte tat ich mich anfangs sehr schwer. Gemeinsam mit dem ausgewiesenen Interpol-Experten Oliver (quasi unser Mann bei Interpol) hatte ich Barricade im Sommer erstmals im Radio gehört. Wir hatte uns entsetzt angeguckt und gehofft, daß das nur eine Band wäre, die wie Interpol klingt. Das gebellte Barricade fanden wir beide scheußlich. Nach und nach änderte sich die Meinung, mit vielfachem Hören wurden Platte und Single besser und besser.
Um halb zehn kündigte jahreszeittypischer Nebel den Beginn an. Rechts und links der Bühne waren immens große Flutlichtmasten aufgebaut, die gutes Licht versprachen. Der Dauernebel der nächsten anderthalb Stunden machte das aber kaputt, die Band war grundsätzlich nur hinter weißem Schleier zu sehen, nur der neue Bassist David Pajo (den ich schon einmal mit den Yeah Yeah Yeahs gesehen hatte) auf unserer Seite war sichtbarer. Eitelkeit kann eigentlich nicht der Grund für dieses Vernebeln sein, Paul Banks war nämlich ähnlich gestylt wie bei seinem Solokonzert in der Kölner KulturKirche, eher leger, um es vorsichtig auszudrücken, vermutlich gefällt er Helena Christensen so am besten.
Das Konzert begann mit Success vom neuen Album. Der unverkennbare und unverwechselbare Interpol-Sound klang da an, hörte sich aber noch eklig gedämpft an. Mit der Zeit bekamen das die Tontechniker besser in den Griff, brillant wurde der Sound aber den ganzen Abend nicht. Bei Band wie den Editors oder den Stokes ist toller Klang natürlich auch wichtig, bei Interpol allerdings für mich entscheidender Teil des Spiels.
Obwohl bis dahin schon einige Knüller wie Narc, Take me on a cruise oder Say hello to the angels kamen, sprang der Funke erst bei Rest my chemistry über. Es wirkte alles ein wenig ausgebremst. Aber ab hier wurde das Konzert, wie ich es erwartet hatte, der Saal tanzte, die Band beherrschte die Szene und knallte uns eiskalte Gitarrenmelodien um die Ohren. Und dann Slow hands und C'mere im gleichen Stile, es sollte also doch noch ein großartiger Abend werden!
Mit Hands away vom zweiten Album Turn on the bright lights war diese brillante Phase dann aber wieder vorbei. Das Lied ist fabelhaft, nicht, daß ich hier falsch verstanden werde, der Schwung war aber aus dem Konzert wieder raus, und er kam auch nicht zurück. Woran das nun lag, weiß ich nicht, an der Halle, dem Publikum, der Band, keine Ahnung. Aber das ist ja auch egal, solange ich nicht derjenige bin, der das Programm zu verantworten habe. So zählt nur das Ergebnis, und das war durchwachsen. Am Repertoire liegt es jedenfalls nicht, daß das Konzert in dieser zweiten Hälfte nicht erwartet grandios war, schließlich sind Barricade, Not even jail, Pda, Lights oder das vor dieser Tour nie gespielte The new (von Turn on the bright lights) allesamt Killer.
Es war natürlich immer noch ein okayes Konzert, es war aber weit davon entfernt, was ich erwartet hatte. Mit solchen Erwartungshaltungen ist das ja so ein Ding, damit versaut man sich schnell viele Konzerte. An eine Lieblingsband, deren Auftritt beim Highfield Festival vor ein paar Jahren für mich die Blaupause für ein perfektes Konzert ist, darf man aber sicher mit solchen großen Erwartungen herangehen und von einem durchschnittlichen Konzert sehr enttäuscht sein.
Ob die fehlenden Lieblinge Stella, Leif, Roland und Heinrich es geschafft hätten, mich so mit offenem Mund zurückzulassen, wie ich es erwartet und erhofft hatte, weiß ich nicht, ich bezweifele es ein wenig, denn das gespielte Material (erstaunlicherweise mit Schwerpunkt auf den beiden ersten Alben) war schon brillant.
Setlist Interpol, Westfalenhalle, Dortmund:
01: Success
02: Say hello to the angels
03: Narc
04: Take you on a cruise
05: Summer well
06: Rest my chemistry
07: Slow hands
08: C'mere
09: Hands away
10: Barricade
11: The new
12: Lights
13: Pda
14: Memory serves
15: Not even jail
16: Untitled (Z)
17: Length of love (Z)
18: Evil (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Interpol, Paris, 17.09.10
- Interpol, Montreux, 16.07.08
- Interpol, Brüssel, 23.11.07
- Interpol, Paris, 21.11.07
- Interpol, Köln, 19.11.07
- Interpol, Hohenfelden, 17.08.07
- Interpol, Köln, 11.05.07
- Interpol, Paris, 10.05.07
- andere Federn: Interpol in Dortmund bei Pretty-Paracetamol
* google findet für Interpol +Konzerttagebuch 4.460 Einträge... ok, vermutlich sind die 460 von uns
** daher auch keine Setlist, mit Maccabees B-Seiten kenne ich mich leider zu wenig aus
Ort: Westfalenhalle 2, Dortmund
Datum: 22.11.2010
Zuschauer: nicht ausverkauft (vielleicht zu 2/3 gefüllt)
Dauer: Interpol 85 min, Surfer Blood 30 min
Interpol sind eine der Bands, über deren Qualität hier auf unserer Seite keinerlei Zweifel besteht. Bezeichnend ist, wie oft wir alleine andere Gruppen an den New Yorkern messen, meist mit ernüchternden Ergebnissen.* Interpol sind nicht nur musikalisch Maß aller Dinge, sie sind auch in jeder anderen Hinsicht stilprägend. Bei anderen Bands wirken Coolness und Arroganz aufgesetzt, den New Yorker fehlt grundsätzlich jeder Hauch Einstudiertheit und Unsouveränität auf der Bühne. Viele Male hätte ich den White Lies dieser Welt gerne mitgegeben: "seht euch das demütig an und lernt!"
Die Pause seit der letzten Platte und der dazugehörenden Tour war auch genau richtig bemessen. In Paris hatten Interpol bereits im September ihre neue Platte vorgestellt, zuletzt in Deutschland war die Band aber vor genau drei Jahren, eine perfekte Spanne, um extrem vorfreudig zu sein.
Der kleine Saal der Westfalenhalle war mir unbekannt. Auch konnte ich vorher nichts über die Kapazität finden, hatte also keine Vorstellungen, wie viele Leute dieses eine von zwei Deutschlandkonzerten anlocken würde. Vor der Halle dann die erste Enttäuschung: es war nicht ausverkauft. Interpol nicht ausverkauft?
Leider war das dem großen Saal auch deutlich anzumerken. Halle 2 ist hoch, luftig und ein langer Schlauch. Nicht unangenehm für Konzerte, gar keine Frage. Aber wenn sie nicht voll ist, sieht das von der Bühne aus sicher schrecklich traurig aus. Leider waren auch draußen an den Bierständen kaum noch Leute als Surfer Blood anfingen, man konnte sich also auf einen Abend mit viel Platz einstellen.
Surfer Blood aus Florida hatte ich im Mai in Brüssel gemeinsam mit den wundervollen Warpaint und den fabelhaften Wolf Parade gesehen. Dagegen konnten die Surferfreunde nicht ansatzweise anstinken, vor allem hatte mich die extrem schlechte Livestimme ihres Sängers genervt. Daß ich sie heute nicht mochte, hatte andere Gründe. Die Stimme ist mir nicht als so schlecht aufgefallen. Wie alles wirkte aber auch die aufgesetzt und einstudiert, sodaß mir schnell die Lust verging, aufmerksamer zuzusehen. Das Getänzele des Sängers, sein Tanzstil eine Mischung aus Morrissey und Eddie Argos, das Gitarrengewippe, puh, das war nichts. Und auch die Musik klang eher so, als spielten die Maccabees eine Platte mit B-Seiten.**
Und dann Interpol...
Seit meinem letzten Konzert der Band (2008 in Montreux) ist das neue Album Interpol erschienen, Bassist Carlos D(engler) ausgeschieden und Sänger Paul Banks mit Sololiedern auf Tour gewesen. Mit der neuen Platte tat ich mich anfangs sehr schwer. Gemeinsam mit dem ausgewiesenen Interpol-Experten Oliver (quasi unser Mann bei Interpol) hatte ich Barricade im Sommer erstmals im Radio gehört. Wir hatte uns entsetzt angeguckt und gehofft, daß das nur eine Band wäre, die wie Interpol klingt. Das gebellte Barricade fanden wir beide scheußlich. Nach und nach änderte sich die Meinung, mit vielfachem Hören wurden Platte und Single besser und besser.
Um halb zehn kündigte jahreszeittypischer Nebel den Beginn an. Rechts und links der Bühne waren immens große Flutlichtmasten aufgebaut, die gutes Licht versprachen. Der Dauernebel der nächsten anderthalb Stunden machte das aber kaputt, die Band war grundsätzlich nur hinter weißem Schleier zu sehen, nur der neue Bassist David Pajo (den ich schon einmal mit den Yeah Yeah Yeahs gesehen hatte) auf unserer Seite war sichtbarer. Eitelkeit kann eigentlich nicht der Grund für dieses Vernebeln sein, Paul Banks war nämlich ähnlich gestylt wie bei seinem Solokonzert in der Kölner KulturKirche, eher leger, um es vorsichtig auszudrücken, vermutlich gefällt er Helena Christensen so am besten.
Das Konzert begann mit Success vom neuen Album. Der unverkennbare und unverwechselbare Interpol-Sound klang da an, hörte sich aber noch eklig gedämpft an. Mit der Zeit bekamen das die Tontechniker besser in den Griff, brillant wurde der Sound aber den ganzen Abend nicht. Bei Band wie den Editors oder den Stokes ist toller Klang natürlich auch wichtig, bei Interpol allerdings für mich entscheidender Teil des Spiels.
Obwohl bis dahin schon einige Knüller wie Narc, Take me on a cruise oder Say hello to the angels kamen, sprang der Funke erst bei Rest my chemistry über. Es wirkte alles ein wenig ausgebremst. Aber ab hier wurde das Konzert, wie ich es erwartet hatte, der Saal tanzte, die Band beherrschte die Szene und knallte uns eiskalte Gitarrenmelodien um die Ohren. Und dann Slow hands und C'mere im gleichen Stile, es sollte also doch noch ein großartiger Abend werden!
Mit Hands away vom zweiten Album Turn on the bright lights war diese brillante Phase dann aber wieder vorbei. Das Lied ist fabelhaft, nicht, daß ich hier falsch verstanden werde, der Schwung war aber aus dem Konzert wieder raus, und er kam auch nicht zurück. Woran das nun lag, weiß ich nicht, an der Halle, dem Publikum, der Band, keine Ahnung. Aber das ist ja auch egal, solange ich nicht derjenige bin, der das Programm zu verantworten habe. So zählt nur das Ergebnis, und das war durchwachsen. Am Repertoire liegt es jedenfalls nicht, daß das Konzert in dieser zweiten Hälfte nicht erwartet grandios war, schließlich sind Barricade, Not even jail, Pda, Lights oder das vor dieser Tour nie gespielte The new (von Turn on the bright lights) allesamt Killer.
Es war natürlich immer noch ein okayes Konzert, es war aber weit davon entfernt, was ich erwartet hatte. Mit solchen Erwartungshaltungen ist das ja so ein Ding, damit versaut man sich schnell viele Konzerte. An eine Lieblingsband, deren Auftritt beim Highfield Festival vor ein paar Jahren für mich die Blaupause für ein perfektes Konzert ist, darf man aber sicher mit solchen großen Erwartungen herangehen und von einem durchschnittlichen Konzert sehr enttäuscht sein.
Ob die fehlenden Lieblinge Stella, Leif, Roland und Heinrich es geschafft hätten, mich so mit offenem Mund zurückzulassen, wie ich es erwartet und erhofft hatte, weiß ich nicht, ich bezweifele es ein wenig, denn das gespielte Material (erstaunlicherweise mit Schwerpunkt auf den beiden ersten Alben) war schon brillant.
Setlist Interpol, Westfalenhalle, Dortmund:
01: Success
02: Say hello to the angels
03: Narc
04: Take you on a cruise
05: Summer well
06: Rest my chemistry
07: Slow hands
08: C'mere
09: Hands away
10: Barricade
11: The new
12: Lights
13: Pda
14: Memory serves
15: Not even jail
16: Untitled (Z)
17: Length of love (Z)
18: Evil (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Interpol, Paris, 17.09.10
- Interpol, Montreux, 16.07.08
- Interpol, Brüssel, 23.11.07
- Interpol, Paris, 21.11.07
- Interpol, Köln, 19.11.07
- Interpol, Hohenfelden, 17.08.07
- Interpol, Köln, 11.05.07
- Interpol, Paris, 10.05.07
- andere Federn: Interpol in Dortmund bei Pretty-Paracetamol
* google findet für Interpol +Konzerttagebuch 4.460 Einträge... ok, vermutlich sind die 460 von uns
** daher auch keine Setlist, mit Maccabees B-Seiten kenne ich mich leider zu wenig aus
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