Twin Shadow, Köln, 08.02.11


Konzert: Twin Shadow
Ort: Stadtgarten, Köln
Datum: 08.02.2011
Zuschauer: sehr viele (Saal fast voll)
Dauer: Twin Shadow 50 min, Tellavision 40 min


Gar nicht schlecht, dieser Abend im Kölner Stadtgarten... Obwohl Twin Shadow kräftig gehypt wird, ist der New Yorker Musiker George Lewis jr. bisher an mir vorbeigegangen; scheinbar bin ich gerade zu träge, den Säuen hinterherzurennen, die durch die umliegenden Dörfer getrieben werden, auch James Blake z.B. nehme ich bislang nicht wahr. Aber - das predigen wir hier regelmäßig: warum vorher die Platte hören, wenn man eine Band auch live kennenlernen kann. Für die Konserve bleibt schließlich hinterher genug Zeit.

Bevor allerdings dieser Test stattfand, spielte ein erstaunlich gutes Vorprogramm: Tellavision, eine junge Musikerin aus Hamburg, die mit allerlei Instrumenten und einer Loopmaschine sehr gute Lieder zusammenbastelte. Dieses Liveerzeugen von Samples, die immer wieder wiederholt werden und nach und nach ein Lied ergeben, ist nicht mehr unbedingt originell, viele Künstler bedienen sich dieses raffinierten Hilfsmittels. Wir haben einige Male darüber geschrieben, bei Owen Pallett, Entertainment For The Braindead oder Dear Reader zum Beispiel. Originelle Technik oder nicht, das Live-Loopen macht mir immer wieder Spaß, weil es etwas zu sehen gibt. Besonders gut gefielen mir die exotischen Instrumente, die geloopt wurden und dadurch ganz neu klangen, die gesampleten Kalimba- und Mundharmonika-Töne hatten eine Menge Pepp!

Es gab zwar ein paar kleinere Pannen, einen Neustart, weil die Künstlerin mit ihrem Geloope nicht zufrieden war, oder ein versehentlich mitaufgenommenes Drumstick auf Tisch-Geräusch, was dann zigmal wiederholt wurde. Oder die Frisur der Musikerin. Aber auch diese kleinen Pannen waren sehr charmant und versauten
nicht den positiven Gesamteindruck, denn die Lieder der Hamburgerin mit ostwestfälischem Migrationshintergrund waren abwechslungsreich und packend!

Frisuren waren auch das Motto der Hauptgruppe, das ahnte man schon, als George Lewis jr. und sein Schlagzeuger kurz vor Beginn des Konzerts letzte Soundchecks
durchführten. Wenn man New Yorker Bands vorgestzt bekommt, erwartet man Nachhilfe in Sachen Stil. George und seine drei Begleiter enttäuschten da schon einmal keinesfalls. Während der Sänger (und Gitarrist) George vor allem durch viele und hohe Haare auffiel, waren die drei anderen durchweg hip. Die Keyboarderin (Wynne Bennett) hatte ein kurzes schwarzes Cape über einem Blumenröckchen an und trug ein (Luftwaffen?-) Schiffchen auf dem Kopf. Das Hemd des Schlagzeugers war sicherlich auch der letzte New Yorker Modeschrei, auch wenn ich nicht den Mut hätte, so etwas zu tragen. Am coolsten wirkte aber der Bassist der Band, der sich mit Jeans, T-Shirt mit sehr kurzen Ärmeln und dicker Brille zwar ein Mittlerer Westen Outfit verpasst hatte, damit aber vermutlich der große Hippster ist. Und er glich Prinz Carl Alexander v. Hohenzollern (ehemals Metzen).

Musikalisch war ich vollkommen unbefleckt; ich kannte ein Lied der Band. Was wir in den folgenden fünfzig Minuten geboten bekamen, rechtfertigte den Ausflug aber sehr. Die wenigen Beschreibungen vorher hatten mich eigentlich schaudern lassen, in denen kamen nämlich viel zu oft "Glam", "80s" und "Wave" vor. Die treibenden Rhythmen und das wundervolle Keyboard (das Instrument) erzeugten bei mir eher Assoziationen zu Dream Pop, wie ihn die Pains Of Being Pure At Heart wieder hochaktuell gemacht haben. Dazu Georges hervorragende Stimme - das machte schon sehr viel Spaß! Auch die Band schien den zu haben, der charismatische Sänger redete viel und bot auf Anfrage aus dem Saal schließlich an, am Merchtisch auch Unterwäsche zu verkaufen (erstaunlich viele Leute suchten anschließend den Weg zum Verkaufsstand).

Nur ein Lied war fies: When we are dancing, das als drittes gespielt wurde. Ich hörte
neben mir nur noch ein "das meint der jetzt nicht ernst?!" Das Lied wäre eine perfekte Traumschiff-Melodie und stach aus dem sonst sehr hörenswerten Set heraus.

Der Abend hat viel Spaß gemacht, viel mehr, als ich eigentlich erwartet hatte. Aber das ist ja das Schöne an musikalischen blind dates - und jetzt kaufe ich wahrscheinlich auch die Platte.


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